Heute schon distanziert ?


Mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seiten ggf. mit zu verantwortern hat. Dies kann nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesem Inhalt distanziert.

Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere ich mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu Eigen.
 


Kennen Sie diesen Text ? Er findet sich auf ungefähr 1,7 Millionen Webseiten im Impressum bzw. im Disclaimer.
Was von dieser pauschalen Freizeichnung zu halten ist, hat Daniel Rehbein in diesem Artikel beschrieben. Artikel   ( ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen in diesem Artikel gemachten Äusserungen, von der Homepage als solches und vom gesamten übrigen Internet und mache mir keine wie immer geartete Meinung zu eigen. Immerhin hat ja das Landgericht Hamburg mit Urteil vom ... )
Es zeigt allerdings deutlich, wieviele Webmaster wohl Angst davor haben, durch einen falsch gesetzten Link kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Und die zunehmende Anzahl der Abmahnungen macht deutlich, dass diese Angst nicht völlig unbegründet ist.
Der oben zitierte Disclaimer ist hierbei jedoch dafür ungeeignet. Im Gegenteil, ich frage mich, ob derjenige, der den Text als erstes verwendet hat, die übrigen Webmaster nicht wegen Verletzung des Copyrights verklagen könnte ... ? ( Diese Frage darf ich leider nicht beantworten, das könnte ja als Verstoss gegen das Rechtsberatungsgesetz angesehen werden - ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von dieser Frage ! ).

Ich musste leider in letzter Zeit immer mehr Abmahnungen bemerken, die sich auf einzelne Behauptungen bezogen und rechtlich zumindest zweifelhaft waren. Deshalb kommen pauschale Distanzierungen immer mehr in Mode, nicht nur im Internet. Mein Sohn musste letztes mal eine Erörterung in der Schule schreiben ( zum Thema ob es besser ist mit dem Fahhrrad oder dem Bus in die Schule zu fahren ). Nachdem er alle Argumente schlüssig dargelegt hat und ein Resumee gezogen hat er unten noch dazugeschrieben:

Disclaimer:
Der Autor übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Jeder Leser benutzt die angebotenen Informationen auf eigene Gefahr. Haftungsansprüche gegen den Autor, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen. Dieser Text darf nicht innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika und Canada verbreitet werden.
Dieser Haftungsausschluss ist Teil der Erörterung.


Sein Lehrer hat mich dann in die Sprechstunde gebeten und mich gefragt, was das solle. Ich habe mich natürlich sofort von diesem Disclaimer distanziert. Zuhause habe ich meinen Sohn zur Rede gestellt. Er hat mir seine Gründe dargelegt:
Als Vorteil für die Fahrt mit dem Bus habe er genannt, dass man dabei vergessene Hausaufgaben noch schnell von einem Freund abschreiben könne. Er wollte nicht von einem Schüler verklagt werden, der ohne Hausaufgaben dastand, weil dessen Freund a) nicht im Bus war b) ihn nicht abschreiben lies oder c) selbst keine Hausaufgaben gemacht hatte. Nachdem er zudem nicht explizit geschrieben habe, dass man nur bei geöffneten Türen in einen stehenden Bus einsteigen dürfe, sei der geographische Ausschluss des nordamerikanischen Kontinents dringend angeraten gewesen.

Es wird Zeit, dass die Politik hier etwas unternimmt und diese allgegenwärtige Angst vor einem blauen Brief (Fax, Telefonat...) minimiert ! Vielleicht schafft es ja die neue Bundesregierung, das Abmahn-Unwesen einzudämmen.

Letzte Woche war ja Bundestagswahl. Ich habe meinen Favoriten als Direktkandidat angekreuzt und sicherheitshalber noch daruntergeschrieben:
Hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von allen Äusserungen des von mir gewählten Kandidaten und mache mir insbesondere seine politische Ansichten nicht zu eigen.

 
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